Bekommen auch Sie keine E-Mail-Adressen von Ihren Förder:innen?

Wir sind uns alle weitgehend einig: Die Zukunft des Fundraisings wird digital sein, wenn auch nicht ausschließlich. Um aber die digitale Kommunikation mit Förder:innen selbst steuern zu können, benötigt man E-Mail-Adressen oder Handynummern. Der einfachste Weg wäre also, bestehende Förder:innen zu fragen, ob sie Ihnen ihre E-Mail-Adresse geben und ob man diese für die Kommunikation mit ihnen nutzen darf.

Trotz teilweise langjähriger Treue zeigen sich viele Förder:innen an diesem Punkt zurückhaltend. Sie geben ihre Kontaktdaten auch auf Nachfrage nicht heraus. Dadurch wird es schwierig, eine adäquate moderne Kommunikation aufzubauen und auch die Kosten zu senken. Woran liegt es, dass Förder:innen derart zögerlich sind, uns ihre Kontaktdaten zu geben?

Die Logik des Direktmarketings

Um diese Frage zu beantworten, lohnt es, einen Blick auf die bisherige Kommunikation mit den Förder:innen zu werfen und ihren Erfahrungen nachzugehen. Die Kommunikation im Fundraising basiert auf dem Direktmarketing. In den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts – der Phase, in der sich Fundraising in Deutschland entwickelt hat – war es hoch innovativ: Durch die Simulation von Verkaufsgesprächen wurden Botschaften gesendet, die zu einer unmittelbaren Reaktion führen sollten. Dadurch konnte die Wirkung der Kommunikation gemessen und in der Folge optimiert werden. Siegfried Vögele mit seiner Augenkamera leistete hier Pionierarbeit: Er zeigte uns, dass Briefe nicht gelesen, sondern gescannt werden. Und er leitete aus seinen Untersuchungen Prinzipien für die Gestaltung ab, die noch heute Gültigkeit haben und zum Handwerkszeug des Fundraisings gehören.

Damit war aber auch das Prinzip festgelegt, nach dem Mailings gestaltet und optimiert wurden: Zentrale Kriterien waren die Reaktionen der Empfänger*innen, gemessen an Öffnungs- und Reaktionsraten, und am Ende der Return on Investment (ROI). Damit sind wir in den letzten Jahrzehnten auch ziemlich gut gefahren. Was wir aber nicht optimiert haben, ist die Relevanz der Botschaften für die Empfänger*innen.

Spendenmailings setzen emotionale Impulse – häufig durch Nutzung von Opfer-Narrativen –, damit Menschen reagieren und spenden. Diese Kommunikation optimiert die messbare Transaktion. Ob die Botschaft auch jenseits der Reaktion relevant ist, spielt weder bei der Gestaltung noch bei der Optimierung eine Rolle. Denn Menschen spenden in der Regel emotional, sie werden getriggert. Inhaltliche Relevanz spielt bei den Mailings keine Rolle, Hauptsache, es wird gespendet.

Kommunikation hat sich gewandelt

Mit dem Aufkommen des Internets – das haben eine Reihe von Unternehmen in den letzten 20 Jahren schmerzlich erfahren – hat sich die Kommunikation massiv gewandelt. Im Internet sind die Menschen – und hierin unterscheiden sich die Kommunikationskanäle – intentional unterwegs. Sie haben oft ein Ziel, wenn sie das Internet nutzen und müssen dort aktiv einzelne URLs aufrufen und sich weiterklicken. Damit steigt aber die Frage nach der Relevanz: Warum sollen sie auf ein Banner klicken, das immer nur „kauf mich“ oder „spende jetzt“ schreit? Das ist innerhalb der Logik des Kommunikationskanals vollkommen unsinnig. Und damit zeigt sich, dass sich nicht nur Geschäftsmodelle wandeln, sondern auch die Kommunikation mit Kund:innen bzw. Förder:innen.

Die Bedeutung von Content-Marketing

In diesem Zusammenhang wurde schon vor 20 Jahren das Konzept des Content-Marketings entwickelt. Ausgangspunkt beim Content-Marketing ist die Beobachtung, dass Menschen im Internet Informationen aufnehmen, wenn diese für sie relevant sind. Alles, was nicht relevant ist, wird ausgeblendet und ignoriert. Dementsprechend ist alles, was nicht relevant ist und ins Postfach gedrückt wird, unerwünschter Spam und wird schnell als übergriffig erlebt.

Damit verändert sich aber die Frage nach den E-Mail-Adressen: Diese erhalten Organisationen erst dann, wenn sie relevante Inhalte für ihre Spender:innen zur Verfügung stellen. Diese Inhalte müssen immer wieder so interessant sein, dass die Spender:innen bereit sind, dafür der Organisation ihre E-Mail-Adresse zu überlassen.

Damit ergeben sich auf der Ebene der Strategie neue Fragen:

  • Welche Zielgruppe oder Persona soll überhaupt angesprochen werden? Wer sind die Menschen, die eine Beziehung zum Thema der Organisation haben oder aufbauen können?
  • Welche Fragen oder Themen treiben die Zielgruppe oder Persona um, die sie beantwortet haben möchte oder zu denen sie Austausch wünscht?
  • Wann ist die Zielgruppe bzw. Persona bereit, im Austausch gegen Informationen und Botschaften ihre E-Mail-Adresse zu hinterlassen?

Nur wer diese Fragen beantworten kann, wird auch eine Strategie entwickeln können, die über das Direktmarketing der 70er- und 80er-Jahre hinausweist und im 21. Jahrhundert ankommt. Und erst dann können für die Zielgruppe bzw. Persona relevante Inhalte erstellt werden, die diese auch erhalten will (so wie Sie diese Kolumne, die ja ebenfalls aktiv abonniert werden muss). Dafür sind Menschen dann auch bereit, ihre E-Mail-Adresse zur Verfügung zu stellen.

Wir müssen über unsere Kommunikation neu nachdenken

Wenn wir also nicht nur mit 80-Jährigen kommunizieren wollen, dann wird es notwendig, unsere Kommunikation mit den Spender:innen komplett zu überdenken und Strategien zu entwickeln, die sich an die von Unternehmen anlehnen. Ein erfolgreiches Content-Marketing, das die Interessen und Bedürfnisse der Spender:innen befriedigt, ist dann eine Voraussetzung langfristiger Kommunikation mit ihnen.

Aber gegenüber Unternehmen haben die meisten Nonprofit-Organisation den Vorteil, dass ihre Themen für Menschen von vornherein interessant sind, da es häufig um verletzte Werte und um die Mission der Organisation geht. Diese Anliegen können darüber hinaus gut in Form von Geschichten erzählt werden. Es gilt, diesen Schatz zu heben und für das Fundraising nutzbar zu machen.

Wenn Sie Interesse haben, Ihr Potenzial für eine zeitgemäße Kommunikation zu heben, nehmen Sie gern Kontakt auf.

 

Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.

 

Dr. Kai Fischer

Sprechen Sie mich gerne an, ich freue mich von Ihnen zu hören!

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